Anwalt und Kommunalrecht

von Rechtsanwalt Sönke Nippel in Remscheid

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Zur Zulässigkeit von Listenverbindungen bei der Wahl von Ausschüssen

5. Februar 2010, aktualisiert am 24. Januar 2021

Mich erreichte die Frage, ob ein Zusammenschluss von mehreren Fraktionen zu einer „Zählgemeinschaft“ bei der Verteilung der Ausschusvorsitze zulässig ist.

Das Bundesverwaltungsgericht entschied in der „Tönnisvorst-Entscheidung“, dass Gemeideratsausschüsse die Zusammensetzung des Plenums widerspiegeln müssen (BVerwG 8 C 18.03, vom 10. Dezember 2003). Die anders lautenden Entscheidungen des VG Düsseldorf und des OVG Münster hob das Bundesverwaltungsgericht auf. Nach dem Demokratieprinzip des Grundgesetzes müssen Ausschüsse als verkleinerte Abbilder des Gesamtstadtrats dessen Zusammensetzung und das darin wirksame politische Meinungs- und Kräftespektrum widerspiegeln. Bei dem in Tönisvorst angewandten Verfahren dagegen geben die Ausschüsse das Verhältnis einer Fraktion zu einer Zählgemeinschaft, zu der sich die übrigen Fraktionen zusammengeschlossen hatten, wieder. Die Zählgemeinschaft wurde als solche weder vom Volk gewählt noch verfolgt sie über die Ausschusswahlen hinausgehende gemeinsame politische Ziele. Vielmehr wurde sie allein zur Erlangung eines weiteren Ausschusssitzes zu Lasten der Klägerin gebildet. Da ein derartiges Verfahren das Demokratieprinzip verletzt, ist die Bestimmung des § 50 Abs. 3 Satz 3 Gemeindeordnung Nordrhein-Westfalen verfassungskonform dahin auszulegen, dass gemeinsame Wahlvorschläge von zwei oder mehr Fraktionen unzulässig sind. Der Leitsatz des Urteils des BVerwG lautet:

Gemeinderatsausschüsse müssen die Zusammensetzung des Plenums und das darin wirksame politische Meinungs- und Kräftespektrum widerspiegeln. Bei der Besetzung der Ausschüsse sind deshalb zur Erlangung eines zusätzlichen Sitzes gebildete gemeinsame Vorschläge mehrerer Fraktionen unzulässig.

Aber:

Das vom Bundesverwaltungsgericht zur Wahl der Ausschüsse des Gemeidrates Ausgeführte gilt nur für die Besetzung der Ausschüsse gemäß § 50 Abs. 3 GO NRW!

§ 58 Abs. 5 S. 2 2. Halbsatz GO NRW sieht hingegen die Zulässigkeit von Zusammenschlüssen mehrerer Fraktionen bei der Verteilung der Ausschussvorsitze ausdrücklich vor:

§ 58 GO NRW – Zusammensetzung der Ausschüsse und ihr Verfahren
…
(5) Haben sich die Fraktionen … . Soweit eine Einigung nicht zu Stande kommt, werden den Fraktionen die Ausschussvorsitze in der Reihenfolge der Höchstzahlen zugeteilt, die sich durch Teilung der Mitgliederzahlen der Fraktionen durch 1, 2, 3 usw. ergeben; mehrere Fraktionen können sich zusammenschließen. …
…

Gegen die Regelung des § 58 Abs. 5 S. 2 2. Halbsatz GO NRW kann zwar eingewandt werden, dass das Urteil des BVerwG`s sinngemäß auch für die Verteilung der Ausschussvorsitze gelten sollte. Es könnte argumentiert werden, dass sich auch in den Ausschussvorsitzen „die Zusammensetzung des Plenums und das darin wirksame politische Meinungs- und Kräftespektrum widerspiegeln “ sollte. Doch hiervon hat der Gesetzgeber in Nordrhein-Westfalen die hier beschriebene Abweichung ausdrücklich zugelassen. Ob eine Kontrolle dieser Norm durch ein Gericht eventuell deren Rechtswidrigkeit ergeben könnte, würde den hiesigen Rahmen „sprengen“. Jedenfalls hat das BVerwG § 58 Abs. 2 S. 2 2. HS GO NRW in der o. g. Entscheidung angesprochen, musste dazu aber keine Entscheidung treffen.


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